Akzeptanz von Remote-AC bei Teilnehmern

Aufgrund der COVID-19-Pandemie sind seit dem Frühjahr 2020 Durchführungen von Assessment Centern (AC) in traditioneller Form kaum mehr möglich. Daher wurden vermehrt Assessment Center remote in digitaler Form durchgeführt. Hierdurch kann einem physischen Aufeinandertreffen von Assessoren und Kandidaten Abhilfe geschaffen werden. Doch wird diese Art der Durchführung von Assessment Centern von den Kandidaten auch akzeptiert?

Aktuelle Obermann Studie zum Thema zeigt unterschiedliche Akzeptanz

Um diese Frage zu beantworten, wurde eine Studie durchgeführt, in der untersucht wurde, ob es einen Unterschied in der Akzeptanz von Teilnehmern zwischen der Durchführung von Assessment Centern in Präsenz oder remote gibt. Diese Fragestellung ist besonders relevant, da die Akzeptanz des Auswahlprozesses einen Einfluss darauf hat, ob sich der Bewerber nach einem positiven AC-Ergebnis auch für die entsprechende Position entscheidet. Hierzu wurden 198 Probanden aus vergleichbaren AC-Verfahren zu Einstellungs- und Beförderungsentscheidungen gegenübergestellt. Die eine Gruppe absolvierte ein AC in Präsenz und die andere durchlief ein Remote-AC. Hierbei stellte sich heraus, dass die Akzeptanz von Remote-ACs bei den Teilnehmern sehr stark variiert.

Neben der Beurteilung des Remote-ACs durch die Kandidaten wurden diverse andere Variablen erhoben, welche sich möglicherweise auf die Akzeptanz auswirken könnten.

Hier gilt es besonders drei Korrelationen zu beachten. Zum ersten konnte ein signifikanter positiver Zusammenhang der Beurteilung des Remote-Verfahrens durch die Kandidaten mit dem Gesamtergebnis des ACs gefunden werden r=0,30 (p<.01). Zusätzlich fand sich außerdem ein signifikanter negativer Zusammenhang zwischen der Kandidatenbewertung und dem AC Ergebnis „bestanden/nicht bestanden“.  Hier zeigt sich also der Effekt, dass die Akzeptanz der Methode unter anderem von der zurückgemeldeten Leistung abhängt.  Ebenfalls fand sich ein bedeutsamer Zusammenhang zwischen der Teilnehmerakzeptanz und dem Persönlichkeitsmerkmal „Offenheit für Erfahrungen“ von r=0,28 (p<.05). Die Hypothese, dass mehr Erfahrung mit Videokonferenztools mit besserer Akzeptanz zusammenhängt, konnte hingegen in unseren Untersuchungen nicht gefunden werden. Tatsächlich fand sich eine negative (knapp) bedeutsame Korrelation von r=0,17 (p<.05) Außerdem konnte ein Zusammenhang zwischen dem Alter der Teilnehmer und der Akzeptanz festgestellt werden (r= -.42; p<.05). Je jünger die Teilnehmer, desto höher fiel ihre Akzeptanz gegenüber Remote-ACs aus.

Die Einschätzung der Teilnehmer

Um qualitative Beurteilungen zu erhalten, stellten wir den Probanden zusätzlich zwei offene Fragen zu den positivsten und kritischsten Aspekten des Remote ACs.  Am häufigsten bemängelten die Probanden die fehlende Körpersprache, die durch eine Remote-Durchführung kaum wahrgenommen und gezeigt werden kann. Auf der anderen Seite empfanden die Kandidaten in der Remote-Durchführung, vom Home-Office oder dem eigenen Arbeitsplatz aus, mehr psychologische Sicherheit als bei einer Durchführung vor Ort. Auch hierbei waren die Antworten der Probanden sehr unterschiedlich. Es sollte also vor der Durchführung Wert auf eine ordentliche Vorbereitung (Technik-Check, Vorgehen bei Verbindungsabbrüchen etc.) gelegt werden, um Unsicherheiten vorzubeugen und zu reduzieren.

Die Durchführung ist entscheidend

Abschließend lässt sich die anfänglich gestellte Frage so beantworten, dass die Akzeptanz von Teilnehmern gegenüber der Durchführungsart des Auswahlprozesses einen Einfluss darauf hat, ob sich der Bewerber letztendlich dazu entscheidet, die entsprechende Position anzunehmen. Da die Akzeptanz von Remote-ACs von Teilnehmer zu Teilnehmer unterschiedlich ausfällt, liegt es insbesondere an der Qualität der Durchführung (z.B. Technik-Check vorab), diese Akzeptanz herbeizuführen und zu gewährleisten. Bei einigen Teilnehmern scheint eine Durchführung von ACs in Remote-Form dazu beizutragen, mehr psychologische Sicherheit zu verspüren.

Literatur

Basch, J.M., Melchers, K.G., Kegelmann, J. and Lieb, L. (2020), „Smile for the camera! The role of social presence and impression management in perceptions of technology-mediated interviews“, Journal of Managerial Psychology, 35(4), 285-299

Obermann, C. (2021), Remote Assessment Center vs. Traditionelle Assessment Center: Auswirkungen auf den Schwierigkeitsgrad und das Erlebnis der Teilnehmer/innen

Höft, S.; Stumpf, S.; Warszta, T. (2021), „Eignungdiagnostik für die 2020er-Jahre: Überblick zu aktuellen Themenstellungen“, Wirtschaftsypsychologie, 23(4)

Cookie Consent mit Real Cookie Banner