Akzeptanz von Testverfahren

Testverfahren sind in der heutigen Zeit ein wichtiges Instrument in der Personalauswahl und -entwicklung. Sie werden häufig in den unterschiedlichsten Bereichen eingesetzt, zum Beispiel zur Erfassung der kognitiven Fähigkeiten, Motivstruktur, Persönlichkeit, Interessen, Aufmerksamkeit und Belastbarkeit sowie Integrität. Sie können den diagnostischen Prozess unterstützen und ergänzen zum Beispiel Personalentwicklungsmaßnahmen und Coachings. Wissenschaftlich fundierte Test- und Fragebogenverfahren stellen ein objektives Kriterium dar und erlauben es darüber hinaus, die Selbsteinschätzung des Teilnehmers zu ermitteln.

Unsere Testverfahren, die im AC als Papierformat verwendet werden, werden von Obermann Consulting auch in einer Online-Version angeboten.

Lucia Ramminger, vormals Lead Manager Diagnostics & Career Development, E.ON Energie AG, München:

„Wir setzen bei uns diagnostische Verfahren in unterschiedlichen Bereichen ein. Das beginnt mit der Azubi-Auswahl und reicht bis zur Standortbestimmung für Senior-Management-Potenziale. Das Thema Vertraulichkeit spielt hierbei natürlich eine große Rolle. So wird besonders in Potenzial- und Entwicklungsverfahren darauf geachtet, wer die Ergebnisse am Ende in die Hand bekommt.

Für die E.ON Energie AG ist der Einsatz standardisierter Test- und Fragebogenverfahren nicht neu, und wir haben noch keine generellen Akzeptanzprobleme bei den Teilnehmern erkennen können.
In der Personalentwicklung empfiehlt es sich, Testergebnisse nicht als alleinige Basis für die Potenzialeinschätzung sondern als wertvolle Zusatzinformation und Hinweis für die Ableitung von Entwicklungsmaßnahmen heranzuziehen. Jedes andere Vorgehen wäre nicht seriös und würde berechtigterweise zu Akzeptanzproblemen führen.“

In Deutschland werden Testverfahren nach wie vor seltener eingesetzt als im angelsächsischen Raum

Hans-Peter Brönner, Führungskräfteentwicklung, Allianz Deutschland AG, München:

„Wir haben bisher bei Führungskräften keine Tests eingesetzt. Seit vielen Jahren verwenden wir AC´s für die Potenzialauswahl in verschiedene Führungsebenen hinein. Der Schwerpunkt lag ausschließlich auf Verhaltenssimulationen. Für die jetzt anstehende Neuentwicklung des Verfahrens für die Auswahl von Abteilungsleitern wollen wir ergänzend erstmals auch ein oder zwei Tests einsetzen. Wie eine AC-Übung bilden diese in der Ergebnismatrix eine weitere Spalte. Da wir gleichzeitig die Dauer unseres Verfahrens kürzen wollen, kann die Anzahl der Elemente beibehalten werden, ohne Beobachterzeit zu beanspruchen. Wir screenen derzeit den Markt. Wichtig ist uns, dass die Fragebögen einen Berufsbezug haben, nicht allzu sehr durchschaubar sind und das Handling einfach ist.“

Neben den vielen Vorteilen von Testverfahren gibt es natürlich auch einige kritische Punkte. So gelten Testverfahren vielfach als verfälschbar, zu abstrakt und als nicht ausreichend berufs- und tätigkeitsbezogen. Daher erfahren Test- und Fragebogenverfahren, vor allem im deutschsprachigen Raum, oftmals sowohl von Teilnehmern als auch von Entscheidungsträgern im Unternehmen eine geringe Akzeptanz. Die Akzeptanz von Testverfahren, die sogenannte soziale Validität, ist jedoch ein wichtiger Erfolgsfaktor für den Einsatz von Testverfahren. Ein noch so gutes und vorhersagekräftiges Verfahren macht keinen Sinn, wenn es nicht akzeptiert wird. Die Akzeptanz hängt darüber hinaus auch von der Zielgruppe ab. Während in fast 50% aller ACs für Trainees Testverfahren eingesetzt werden, geht der Einsatz in höheren Führungsebenen gegen Null. Insgesamt lässt sich jedoch ein steigender Einsatz von Testverfahren feststellen.

Thomas Bielstein, Leiter Personalentwicklung, IKB Bank, Düsseldorf:

„Im AC halte ich das immer für sinnvoll: Die Personen machen einen Postkorb und einen kognitiven Test. Die Frage ist dann, korrespondieren die Ergebnisse miteinander. Eventuell passt dann besser ein Job, bei dem die Komplexität nicht so herausfordernd ist. Ich habe noch keinen Fall erlebt, bei denen es von den Teilnehmern her grundsätzlichen Widerspruch zum Test gab. Entscheidend ist ein hoher Bezug der Testaufgaben zum Arbeitsplatz: Es muss für die Teilnehmer unmittelbar nachvollziehbar sein, dass die Tests Berufsbezug haben“

Azubis und Trainees kann man das zumuten…

Die Deutschlandstudie des Arbeitskreises AC zeigt ein Ansteigen des Testeinsatzes auf geringem Niveau. Wenn man die Daten nach Zielgruppen aufteilt, stellt sich das differenzierter dar: über 50% der Trainee-AC beinhalten Testverfahren, bei Führungskräfte- AC oder DC ist dies noch eher selten.

Markus Bergrath, Führungskräfteentwicklung Strategie, Deutsche Lufthansa AG, Frankfurt

„Lufthansa hat eine lange Tradition und viel Erfahrung im Einsatz von Testverfahren. Ihr Einsatz bewährt sich in der Managementdiagnostik vor allem in der Auswahl der Führungskräfte und der Entwicklung interner Potentialträger. In Kombination mit simulationsorientierten Ansätzen leisten sie eine maximale Vorhersagekraft beruflichen Erfolgs und sind so ein fester Bestandteil des Lufthansa Talent Managements.“

Dabei ist die Hauptbegründung speziell für den Einsatz kognitiver Tests, dass es kein anderes Instrument gibt, das Aufstieg in Führung so gut vorhersagt. Die Fähigkeit, Komplexität zu erfassen und verbal zu vermitteln, ist somit Erfolgskriterium Nummer eins. Natürlich ist dies keine monokausale Wahrheit – ohne Komplexitätsverständnis wird jedoch alles schwieriger. Allerdings ist die Akzeptanz in der Praxis mit IST & co. schwierig.

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