Unterschiede AC USA / Deutschland
Auf den ersten Blick ähneln sich AC´s in Deutschland und in den USA: Die verwendeten Übungstypen sind vergleichbar, die Durchführungszeit des Verfahrens und die Anzahl der Teilnehmer ist ähnlich. Persönlichkeitstests werden ähnlich kritisch betrachtet – kognitive Testverfahren gehören jedoch in den USA mittlerweile zum Standard. Dass die überlegene Validität von kognitiven Verfahren zur Prognose von Joberfolg nachgewiesen wurde, wird in Deutschland immer noch nicht zur Kenntnis genommen. Ein ganz wesentlicher Unterschied: In den USA werden AC´s in der Regel komplett an Berater outgesourct. Nach den neuesten Qualitätsnormen des deutschen Arbeitskreises AC. e.V. wäre dies sogar ein Verstoß gegen AC-Standards – dies löst jedoch in den USA Kopfschütteln hervor. David Purdy – AC-Consultant, spezialisiert auf die Pharmabranche: „Es ist eine Frage von time und money. Vor 15 Jahren wurde das Middle-Management drastisch reduziert. Weder dort noch aus den verkleinerten HR Abteilungen würden sich genügend Beobachter finden.“ Auf die Frage, wie denn die Ergebnisse beim Management Akzeptanz finden, gibt es als Antwort ein sogenanntes „Strategic HR- Meeting“, bei dem die AC Ergebnisse intensiv mit dem Management diskutiert und mögliche Unterschiede zu der Sicht auf die Teilnehmer erklärt werden.
*Prof. Thornton – Thema Konstruktvalidität neu betrachtet
Das alte Thema der (geringen) Konstruktvalidität des AC´s aus den 90er Jahren gewinnt wieder an Fahrt. Das Problem bisher: Viele Studien zeigen nur eine geringe diskriminante Validität – also Differenzierung zwischen den unterschiedlichen Dimensionen einer Übung – und ebenso eine geringe konvergente Validiität – also Zusammenhang zwischen den unterschiedlichen Messungen einer Dimension in verschiedenen Übungen. Dies würde bedeuten, dass AC-Dimensionen keine stabilen Konstrukte sind, entlang derer den Teilnehmern Feedback gegeben werden kann. Dem stellt Thornton jedoch seine Definition eines „modernen Blicks“ auf die Validitätsfrage gegenüber. Dazu gehört es, die Validität nicht – wie bisher – künstlich zu trennen in inhaltliche Validität, Kriteriumsvalidität usw. Diese gesamthafte Betrachtung der Validität des AC´s ist jedoch eindeutig gegeben. Die Antwort zur klassischen Frage der Konstruktvalidität ist, dass sich in Faktoranalysen zwar selten eine Struktur ähnlich der AC-Dimensionen nachweisen läßt, jedoch meist ein Modell aus fünf oder sechs Faktoren zu finden ist. Damit ist das AC-Ergebnis mehr als ein „Halo-Effekt“, sondern auch empirisch in einzelne Gruppen von Dimensionen differenzierbar. Aber damit ist für das einzelne Firmen-AC nicht der Nachweis der Validität erledigt. Die neuen Qualitätsnormen des Arbeitskreises e.V. sehen es als einen Verstoß an, statt der Evaluation des eigenen Verfahrens lediglich auf wissenschaftliche Untersuchungen zu verweisen! Konsequenz: Die Ermittlung der Validität des hauseigenen AC´s gehört zu einem sauberen AC.
Prof. Rupp – neue Variante Development Center
Das DC als Variante des AC´s nimmt an Bedeutung zu. Eine Weiterentwicklung der bekannten Wiederholungs-Simulation stellt Prof. D. Rupp von der Universität in Illinois vor. Dabei wird die Entwicklung der Teilnehmer wesentlich systematischer angegangen als bisher in DC´s üblich: In einem 1,5 tägigen Verfahren werden zwei AC-Blöcke durchgeführt: Am Morgen durchlaufen die Teilnehmer den ersten Block aus Gruppendiskussion, Rollenspiel und Fallstudie. Zu diesem Block gibt es ein Feedback mit Entwicklungshinweisen für den Nachmittag. Der gleiche Block mit parallelen Übungen wird ein weiteres Mal durchgeführt. Die Teilnehmer sind gestandene Führungskräfte aus dem mittleren Management mit im Durchschnitt 20 Jahren Berufserfahrung. Nach einem Jahr ist geplant, diese beiden Blöcke ein weiteres Mal durchzuführen.
Vor und nach den AC Blöcken wurden weitere Informationen erhoben, etwa zum Lernverhalten der Teilnehmer und Persönlichkeitsvariablen. Zu den Ergebnissen: Im Rahmen einer Varianzanalyse konnte zunächst der Lerneffekt der Teilnehmer zwischen dem Morgen und Nachmittagsblock nachgewiesen werden. Zusätzlich wurden vor dem AC und einige Zeit später Selbstbewertungen erhoben. Hier zeigten sich in einigen Dimensionen signifikante Verbesserungen (etwa verbale Kommunikation), in anderen nicht (etwa Problemlösen). Schließlich wurden auch vor und nach dem AC Mitarbeiter und Vorgesetzte zu wahrgenommenen Veränderungen befragt – hier zeigte sich allerdings noch kein Effekt. Prof. Rupp erklärt dies damit, dass diese Gruppen weder geschult, noch über die AC-Ergebnisse informiert waren. Fazit: Das Thema DC läßt sich noch viel strukturierter angehen als bisher meist üblich und damit die tatsächlichen Lernfortschritte und den Nutzen des DC´s beobachten.
Prof. Jeff Kudisch – neue Forschungsergebnisse zur Feedback-Akzeptanz
Der in den USA derzeit – neben George Thornton – aktivste Professor in der Forschung zum AC ist Jeff Kudisch, Universität of Maryland. Er beschäftigt sich mit der Wirkung von Feedback nach dem AC und der Motivation der Teilnehmer, Entwicklungs-Aktivitäten aufzunehmen. Sein Ansatz liegt darin, die Teilnehmer in mehreren Zeitperioden nach dem AC zur Bewertung des Feedbacks und zu deren konkreten Aktivitäten in der Umsetzung zu befragen.
Die Fragestellung: Was führt dazu, dass Teilnehmer hier aktiver sind oder nicht? Dabei gibt es ganz neue Ergebnisse zu dieser Feedback-Akzeptanz. Eine bisher wenig beachtete Variable ist etwa der Umfang, in dem die Teilnehmer von Kollegen und Vorgesetzten nach der AC-Rückkehr Unterstützung und Interesse erfahren: Wird die Teilnahme vom Chef nach der AC-Rückkehr nur mit einem „Wie war es?“ kommentiert, dann können die bisher im Augenmerk stehenden Variablen (Nachvollziehbarkeit des Feedbacks, Relevanz für den Job, AC-Ergebnis selbst) noch so gut ausfallen. Die Frage für die Praxis ist also, wie der AC-Teilnehmer von der Umgebung im Job Anteilnahme und Unterstützung für seine/ihre Entwicklung erfährt.