Kompetenzmodelle – Was ist zu beachten?

Neun Schritte zum richtigen Kompetenzmodell

Im Folgenden wird ein Vorgehen zur systematischen Entwicklung eines unternehmensspezifischen Kompetenzmodells vorgestellt. Das bedeutet nicht, dass jedes Unternehmen alle Schritte in der kompletten Form durchlaufen muss und wird. Die neun Schritte unterstützen Sie bei der Gestaltung Ihres Prozesses – sei es Entwicklung, Einführung oder Optimierung des Kompetenzmodells – und weisen auf Dos und Don’ts hin.

Schritt 1 – Auftragsklärung

Wichtig ist es, zu Beginn alle Stakeholder des Kompetenzmodells bei der Auftragsklärung miteinzubeziehen. Hier gilt es zunächst, die relevanten Gesprächspartner zu identifizieren, und mit ihnen die Aufgaben abzuklären. Ein festgelegter Entscheiderkreis, in welchem nach Möglichkeit das ganze Unternehmen repräsentiert wird, sollte gebildet und ermächtigt werden. So kann der Vorstand oder die Geschäftsführung die strategischen Ziele festlegen und kommunizieren, aus denen sich das Kompetenzmodell ergibt. Die Personalabteilung kann unterstützen, indem sie bestehende Konzepte/Methoden oder Tools bereitstellt. Weitere Fragen, die in dieser Phase beachtet werden sollten, sind: Gilt das Modell für alle Positionen im Unternehmen, oder gibt es verschiedene Kompetenzen pro Ebene? Wie sehr soll es ins Detail gehen? Wofür soll es genutzt werden?

kompetenzmodell_schritteSchritt 2 – Analyse des Status Quo

Im zweiten Schritt sollte der Status Quo unter die Lupe genommen werden. Welche Ansätze wurden bei der bisherigen Bewerberauswahl oder bei bisher stattgefundenen Potenzialanalysen verfolgt? Welche Kriterien wurden für Weiterbildungsmaßnahmen zugrunde gelegt? Was sind die bestehenden Konzepte, und wie wurden sie angewendet? Sollte es zu Widersprüchen kommen, ist es sinnvoll, diese aufzuzeigen? Die von der Geschäftsführung vorgegebenen Visionen, Missionen, Strategien, Leitbilder und Werte sollten mit dem IST-Stand abgeglichen werden, um so den genauen Bedarf zu ergründen, der vom neuen Kompetenzmodell abzudecken ist.

Schritt 3 – Projektplan zur Entwicklung des Kompetenzmodells

Anhand der SOLL-IST-Analyse können konkrete nächste Schritte abgeleitet werden. Ein Projektplan, der sowohl Auskunft über die geschätzten Ressourcen (Personal, Zeit, Kosten) gibt, als auch Meilensteine und Verantwortlichkeiten festhält, erlaubt es den Beteiligten, effizient an der Erstellung des Kompetenzmodells zu arbeiten, und kann auch als Entscheidungsgrundlage für Stakeholder dienen.

Schritt 4 – Information aller Personen im Unternehmen

Wie bei jedem Change-Prozess ist es wichtig, alle Beteiligten in die Veränderung einzubinden. Eine der häufigsten Ursachen für das Scheitern von Veränderungsprozessen ist die unzureichende Kommunikation. Hilfreich ist hier eine Plattform, mit Hilfe derer die Beteiligten den aktuellen Projektstand und die nächsten Schritte abrufen können. Dabei ist zu beachten, dass die Art der Information bezüglich des Prozesses an die Zielgruppe angepasst sein sollte. So sind Vorstandsmitglieder an anderen Aspekten interessiert als das mittlere Management. Offene Kommunikation sollte aber auch über Risiken und eindämmende Maßnahmen gewährleistet sein, um so das Vertrauen der Mitarbeiter aufrechtzuerhalten. Sollten Feedback, Kritik oder Änderungsvorschläge auftreten, ist es wichtig, abweichende Meinungen zu akzeptieren und zu berücksichtigen.

Schritt 5 – Sammlung erfolgsrelevanter Verhaltenserwartungen

Im Idealfall wurde die Freigabe von den Entscheidern erteilt – es kann nun ans Eingemachte gehen. Anhand der von der Geschäftsführung vorgegebenen Visionen und Ziele sollte Verhalten abgeleitet werden, das vom Unternehmen gewünscht ist. Darüber hinaus kann aus Stellenbeschreibungen oder Anforderungsprofilen abgeleitet werden, welches Verhalten für unterschiedliche Job-Familien erfolgsversprechend ist. Weitere Methoden wie zum Beispiel Experteninterviews, Workshops oder die Critical Incident Technique können herangezogen werden und die  SOLL-IST-Analyse ergänzen. Auch hier ist es wichtig, alle Unternehmensbereiche – wenn möglich einzubeziehen – um ein repräsentatives Bild zu gewährleisten.

Schritt 6 – Verdichtung zu Kompetenzfeldern/Kompetenzen und Komponenten

Welche Kompetenzen liegen hinter dem gesammelten, erfolgsrelevanten Verhalten? Um diese Frage zu beantworten, ist es hilfreich, die Verhaltensweisen zunächst zu clustern und zu sortieren. Daraufhin sollte die Anzahl der Kompetenzen festgelegt werden – hier ist zu empfehlen, dass die Anzahl acht oder neun Kompetenzen nicht überschreitet. Aus den sortierten Verhaltenserwartungen gilt es nun, Kompetenzen abzuleiten, und diese in allgemeingültige und funktionsspezifische Kompetenzen zu unterscheiden. Eine mögliche Struktur des Kompetenzmodells beinhaltet drei Hierarchiestufen (1. Kompetenzfeld: Persönliche Kompetenz; 2. Kompetenz: Unternehmerisches Handeln; 3. Komponenten: Unternehmerisches Denken, Analysevermögen, Handlungsorientierung). Bei einer Überprüfung der zustande gekommenen Kompetenzen ist es wichtig, dass diese schlüssig sind und dass kein Widerspruch auftritt. Weiterhin sollten die Kompetenzen so operationalisiert sein, dass sie gut messbar sind.

PowerPoint-PräsentationSchritt 7 – Operationalisierung des Kompetenzmodells pro Analyseeinheit

Die Komponenten werden anhand konkreter Beobachtungsanker operationalisiert. Die Herausforderung besteht darin, die Anker so konkret und beobachtbar wie möglich zu formulieren. Bei der Kompetenz „Ergebnisorientierung“ lässt sich zum Beispiel das „Vereinbaren von konkreten nächsten Schritten oder Meilensteinen zusammen mit dem Mitarbeiter“ gut beobachten. Ein Anker, der lediglich „erzielt Ergebnisse“ beinhaltet, ist dagegen schwer beobachtbar, und kann daher zu unterschiedlichen Interpretationen bei den Beobachtern führen. Je konkreter, desto besser. Jedoch gilt es auch hier, Überschneidungen zu vermeiden. Taucht dasselbe Verhalten in zwei unterschiedlichen Ankern auf, kann dies zu Diskrepanzen in der Beobachtung führen. Während der eine Beobachter das Verhalten auf der einen Kompetenz scored, wird es von dem zweiten Beobachter auf einer anderen Kompetenz gesehen. Trennschärfe ist hier essenziell.

Schritt 8 – Verzahnung mit bestehenden HR-Prozessen

Um eine optimale Kombination mit bestehenden HR-Prozessen zu erzielen, ist ein flächendeckendes Roll-out angebracht. Das Thema Commitment spielt auch hier wieder eine große Rolle, da durch offene Kommunikation und Transparenz während des Roll-outs das Bekenntnis zum neuen Kompetenzmodell bei Mitarbeitern erreicht wird. Bestehende Personalentwicklungs- und Personalauswahlprozesse müssen an das neue Modell angepasst und darin integriert werden. Eventuell gibt es Instrumente, die neu entwickelt werden müssen. Wichtig ist auch, dass alle Anwender und Führungskräfte hinsichtlich der Neuerungen geschult werden – nicht zuletzt, um den Widerstand gegen Neues/Unbekanntes zu entkräften.

Schritt 9 – Evaluation und Pflege

Wie bei jedem wissenschaftlichen Prozess ist auch hier eine stetige Evaluierung und Anpassung zu empfehlen. Schon während des Entwicklungsprozesses ist jeder Schritt kritisch zu hinterfragen und auf Vollständigkeit zu prüfen. Auch nach der Implementierung ist es sinnvoll, das Modell bei relevanten Veränderungen zu prüfen und mit statistischen Mitteln oder Einzelfällen zu analysieren. Durch die Ernennung eines „Kompetenzmodell-Managers“ ist eine Qualitätssicherung auch über einen längeren Zeitraum hinweg gewährleistet.

Quelle: Ebert, P. S., Görke, P., Höft, S., Kevenoglu, F., Koch, A., Schuster, G., Tanzer, C., Thiemann, Th., Thiem, N. & Uhle, T. (2012). Kompetenzmodelle kompetent managen.

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