Neue Forschungsergebnisse: Soll ethisches Verhalten bei Bewerbern explizit überprüft werden?

In den USA hatte die Überprüfung der Integrität schon immer eine höhere Bedeutung – bei uns löst das Ansinnen zunächst Stirnrunzeln aus. Die Empirie zeigt allerdings, dass die Messung von Integrität ein starker Prädiktor für verschiedene Joberfolgskriterien ist. Dabei scheint es auf die Branche anzukommen: Interessante Branchen sind der Einzelhandel, die Logistik und die Produktion. In diesen Branchen gibt es substanzielle Verluste durch Mitarbeiterdiebstahl, die bei besserer Mitarbeiterauswahl verhindert werden können (Cooper, D. et al., 2014).

Erstaunlich ist, dass für diese Zielgruppe auch scheinbar durchschaubare Items eine hohe Validität besitzen, z. B. „Wenn Sie die letzten zwei Jahre zusammenfassen, was war der Wert der Dinge außer Kleinigkeiten wie Stifte, die Sie von der Firma für privaten Gebrauch mitgenommen haben?“. Weniger offensichtlich sind Items wie „Ich habe im letzten Jahr während der Arbeit nie impulsiv reagiert“. Items, die auch gut funktionieren, sind Rationalisierungen von unethischem Verhalten: „Nur wenn die Arbeitsbedingungen wirklich frustrierend sind, kann man auch mal etwas für den privaten Gebrauch mitnehmen“.

Integrität und ethisches Verhalten umfassen unterschiedliche Einzelfacetten, die je nach Anforderungen im Detail ausgewertet werden können: Einstellung gegenüber Arbeitssicherheit, Impulsivität, Einstellung gegenüber Qualität, Bereitschaft, vertrauliche Informationen zu behalten, Umgang mit Alkohol/Drogen. Es bestehen hohe Zusammenhänge zwischen ethischem Verhalten und den Big-Five-Kriterien Gewissenhaftigkeit (r = .51) und Soziabilität (r = .27) (Ones, S. et al., 2014).

Bild2Auch auf Management-Level hat das Konstrukt Relevanz. In einer Metaanalyse zu 25 Firmen in den Jahren 1985 bis 2012 konnte gezeigt werden, dass zwischen der in Fragebögen erhobenen Zuverlässigkeit von Managern ein Zusammenhang zur Beschäftigungsdauer und zur Performance-Einschätzung besteht (Pickering, D., 2014).

In einer weiteren aktuellen Untersuchung wurde die Integrität in verschiedenen Ländern verglichen – neben dem Mittelwert ist die Varianz der Werte innerhalb der Länder interessant (Ones, S. et al., 2014). In die Studie gingen 48 Länder mit 239.000 Teilnehmern ein. Die Ergebnisse entsprechen weitgehend bestehenden Stereotypen zu einzelnen Ländern, wobei US-Mitarbeiter nach der Studie angeblich ein hohes Level an Integrität haben. Wir Deutsche schneiden laut der Untersuchung im Mittel als etwas unethischer ab als die US-Amerikaner. Interessant für die Testung von ethischem Verhalten: Je höher die Varianz von ethischem Verhalten innerhalb eines Landes (oder einer Jobgruppe) ist, desto eher eignet es sich für die Vorhersage von Berufserfolg, in der Spitze mit Validitäten von r = .59 (Ones, S. et al., 2014).

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