Wann führt Feedback tatsächlich als Impuls zu Veränderungen?

Die meisten Assessment Center sind mittlerweile Development Center. In der letzten Benchmarkanalyse des Arbeitskreis AC zu deutschsprachigen AC war die Bezeichnung „DC“ an Nummer eins der Namensliste. Viele Organisationen arbeiten derzeit wieder gezielt an diesem Kulturfaktor: klares, stringentes, zeitnahes Feedback. Aber: Wann Feedback wirkt und Impulse zu Entwicklung setzt, dazu gibt es wenig Empirie.

In den letzten Jahren hat sich Kudisch wissenschaftlich mit dem Thema auseinandergesetzt (Kudisch 1997; Kudisch, Lundquist & Smith 2001; Kudisch, Lundquist & Al-Bedah 2004). Die Vorgehensweise besteht methodisch darin, zu verschiedenen Zeitpunkten nach dem AC/DC die Teilnehmer zu kontaktieren und die Akzeptanz des ursprünglichen Feedbacks und den Umfang tatsächlicher Entwicklungsaktivitäten abzufragen.

Was der Chef vor und nach dem AC/DC sagt, ist am wichtigsten

Wir denken meist daran, ob diese oder jene Feedbackregel den Ausschlag gibt. Überraschendes Ergebnis der Forschung ist jedoch der Kontext: Einflussfaktor Nummer eins ist nämlich die empfundene soziale Unterstützung der AC/DC-Teilnehmer durch Kollegen und Vorgesetzte. In der Untersuchung zeigen alle drei Subaspekte der sozialen Unterstützung hoch signifikante Korrelationen mit der Feedback-Akzeptanz: Unterstützung durch Kollegen, Unterstützung durch Vorgesetzte, Unterstützung durch Top-Management.

Dies ist für die Praxis sicherlich eine wichtige Erkenntnis. So dürfte das Augenmerk der meisten (HR-) Verantwortlichen auf Eigenschaften der Verfahren selbst liegen, bspw. der Development Center. Dabei ist es wichtiger, welche Wahrnehmung der Teilnehmer dazu hat, wie sein berufliches Umfeld auf das AC reagiert:

Reagiert der Vorgesetzte interessiert und unterstützend? Hat das Management klar gemacht, welche Bedeutung die Weiterentwicklung und das Lernen der Teilnehmer besitzt? Werden die (Entwicklungs-) Hinweise aus verschiedenen Verfahren gezielt und systematisch aufgegriffen? Interessiert sich das direkte Umfeld, auch Kollegen, für die Inhalte des Feedbacks?

Wesentliche Erkenntnisse für die Praxis: Effiziente Entwicklungsmaßnahmen auch bei beschränktem Budget

Zielgerichtete Weiterentwicklung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Entwicklungsfelder des Einzelnen ist nur ein positiver Effekt vieler personeller Maßnahmen: Neben Coaching- und Seminarempfehlungen sollte gezielt darauf geachtet werden, möglichst viele Maßnahmen „on the job“ vorzuschlagen, um die Ressourcen und Kompetenzen im eigenen Haus zu nutzen und den Transfer des Gelernten in die Praxis sicher zu stellen: Feedbackpartnerschaften, Einsatz von internen Coaches, Übernahmen von Mentorenaufgaben und Literaturhinweise waren dabei diejenigen Empfehlungen, die zugleich mehrheitlich einen positiven Einfluss auf die Feedbackkultur des Unternehmens haben. Es gilt immer noch das 70:20:10-Modell, nach dem die Organisation von Lernen in der Praxis am effektivsten ist.

Development-Center wirken – zumindest etwas

Eine der wenigen Studien zur Wirksamkeit von DC hat Klebl (2008) vorgelegt. In einem interessanten methodischen Ansatz wurde jeweils eine Kontrollgruppe mit Nicht-DC-Personen und Absolventen eines DC verglichen. Durch Vorgesetzte erfolgten Bewertungen vor und nach der Maßnahme. Ergebnis: Es gab sogenannte Effektstärken von d= 0,32 als Wirkung des DC, das bedeutet, es gab einen erkennbaren Effekt, der allerdings als „mäßig“ einzuschätzen ist. Schlussfolgerung des Autors: „Im Training der Feedbackgeber ist darauf zu achten, dass diese in ihrem Feedback Verbesserungspotenziale klar benennen, konkrete Anregungen geben, wie diese realisiert werden können und nicht zuletzt das Gefühl vermitteln, dass die Teilnehmer in der Lage sind, Lernerfolge zu realisieren“.

Stand der Dinge zur Feedbackpraxis in deutschsprachigen AC

In der letzten Benchmarkstudie des Arbeitskreis AC (120 AC-Anwendern, darunter auch die DAX-30-Unternehmen) geben fast alle Unternehmen an, dass für sie Feedback nach dem AC selbstverständlich ist. Die ursprünglichen Befürchtungen zu Klagerisiken aus dem AGG haben sich nicht bewahrheitet. Im Detail gibt es bei den Unternehmen Unterschiede: In 50% der Organisationen wird das Feedback direkt nach dem AC gegeben, in der anderen Hälfte nicht. Interessant dabei ist das unterschiedliche Zeitinvestment. Bei 30% der befragten Organisationen dauert das Feedback zwischen 15 und 30 Min., bei 15% fällt es kürzer aus. In mehr als der Hälfte dauert das Feedback 30 Min. und mehr. Die Untersuchungen von Kudisch zeigen allerdings, dass die Feedbacklänge wenig Effekt hat. Relevanter sind vielmehr Verständlichkeit des Feedbacks und Status / Akzeptanz des Feedbackgebers.

  • KUDISCH, J. (1997). Factors related to participant´s acceptance of developmental Assessment-Center feedback. Dissertation Abstracts International: Section B: The Sciences & Engineering, Vol. 58(6-B) 3349.
  • KUDISCH, J. D.; LUNDQUIST, C. & AL-BEDAH E. A. (2004). Accepting and Applying Assessment Center Feedback: A View from the Middle East. Presentation at the 32nd International Congress on Assessment Center Methods.
  • MACDONALD, D. R. (1988). Greater results from your Assessment-Center. How to encourage more employees to heed the self-development advice your Assessment-Center offers. Training and Development Journal, February, 50-51.
  • KLEBL, U.  (2008) Kompetenzentwicklung durch Development-Center. Dokumentation zum 7. Deutschen Assessment-Center-Kongress. Pabst Science Publishers, Lengerich
  • OBERMANN, C. (2012). Assessment-Center. Entwicklung – Durchführung – Trends, 5 Aufl., Wiesbaden:
  • STONE, D. L., GUEUTAL, H. G. & MCINTOSH, B. (1984). The effects of feedback sequence and expertise of the rater on perceived feedback accuracy. Personnel Psychology, 37, 487-506.
  • KUNISCH, J. D., Lundquist C, Smith AFR (2001) Reactions to “dual purpose” assessment center feedback. Paper presented at the 30th International Congress on Assessment Center Methods. Pittsburgh, PA
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