Die Bedeutung des psychologischen Kontrakts für Führung auf Distanz

Tobias Albrecht präsentierte auf dem 10. Assessment Kongress des Forum Assessment e.V. Ansätze aus Führungskräfte-Trainings, mit der Problemsituation umzugehen, die richtige Balance aus Kontrolle und Vertrauen zu finden, nachdem Mitarbeitende ins Home-Office umgezogen sind. Dazu wurden anhand verschiedener Meta-Analysen Handlungsempfehlungen abgeleitet. Die Basis dazu bildete die partnerschaftliche Beziehungsgestaltung und emotionale Bindung von Mitarbeitenden bei gleichzeitigem Blick auf die Risiken transaktionaler psychologischer Kontrakte.   

Problembeschreibung: Chancen und Risiken unterschiedlicher Beziehungsqualitäten und deren Konsequenzen für die Zusammenarbeit

Die beschriebene Problematik wurde im Vortrag auf Risiken und Chancen psychologischer Kontrakte bezogen. In der Arbeitswelt spielen psychologische Kontrakte eine wichtige Rolle für die Beziehung zwischen Mitarbeitenden und ihren Organisationen. Ein psychologischer Kontrakt umfasst die erlebten wechselseitigen impliziten Verpflichtungen und deren Erfüllung bzw. nicht Erfüllung. Eine partnerschaftliche Qualität dieses Kontrakts kann dazu beitragen, dass Mitarbeitende sich freiwillig für die Organisation engagieren, ein nutzenorientierter Kontrakt eher zu einer „Dienst nach Vorschrift“ Haltung bis hin zu kontraproduktiven Verhalten. Allerdings ist in Phasen des organisationalen Wandels das Risiko besonders hoch, dass psychologische Kontrakte verletzt werden. Dies kann zu Vergeltungsmaßnahmen und einer Abwärtsspirale aus Misstrauen und Kontrolle führen.

Wichtige Meta-Analysen zu den Effekten psychologischer Kontrakte

Die Betrachtung relevanter Meta-Analysen zum Thema psychologische Kontrakte, bzw. deren Effekte auf das Erleben und Verhalten von Mitarbeitenden eröffnet neue Interpretations-spielräume im Zusammenhang mit der Führung auf Distanz. Starke Zusammenhänge zwischen erlebten Kontraktverletzungen und Variablen auf Erlebens- (Misstrauen, Arbeitszufriedenheit, organisationale Bindung, Kündigungsabsichten) und Verhaltensebene (aufgabenbezogene Leistung, freiwilliges Arbeitsengagement, kontraproduktives Verhalten) lassen darauf schließen, dass die altbekannten Risiken verletzter Kontrakte im unbeobachteten Raum, quasi aus Mangel an Rechtfertigungsdruck, umso häufiger auftreten.

Die Abwärtsspirale durch einen höheren Kontrollbedarf aus Sicht der Führungskraft und entsprechendem Verhalten der Mitarbeitenden als Reaktion eröffnet ein neuartiges Problemfeld, welches zum einen durch neuartige implizite Erwartungen und zum anderen durch unkontrollierten Spielraum deutlich stärker werden kann.

Entwickelte Handlungsempfehlungen

Dem Führungs-Problem, gering gebundenen Mitarbeitenden im Home Office mit zu viel Kontroll- und Rechenschaftsdruck zu begegnen, führt höchstwahrscheinlich eher zum Effekt, dass erlebte nutzenorientierte psychologische Kontrakte zu stark reduziertem Engagement führen, vor allem dann, wenn die betroffene Person eine Chance hat, unbeobachtet zu sein. Weitaus vielversprechendere Interventions-Optionen scheinen darin zu bestehen, partnerschaftliche Kontrakte zu verfolgen, Vertrauen und erlebte Bindung zu steigern. 

Außerdem sollten neuartige implizite Erwartungen rechtzeitig geklärt werden, die Führung auf Distanz mit sich bringt.

Literatur:

Zhao, H., Wayne, S. J., Glibkowski, B. C., & Bravo, J. (2007). The impact of psychological contract breach on workrelated outcomes: A meta-analysis. Personnel Psychology, 60, 647–680.

Kleine, A.-K., Rudolph, C. W., & Zacher, H. (2019). Thriving at work: A meta-analysis. Journal of Organizational Behavior, 40, 973–999.

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